Unterstützung im Schulalltag
„Im Grunde kann man sagen, ich habe in diesem Jahr zum vierten Mal Laufen gelernt.“ Der sechzehnjährige Schüler Sandro hat infantile Zerebralparese (ICP). Bestimmte Muskelgruppen stehen bei ihm ständig unter starker Spannung, seine Beine kann er kaum strecken. Dank einer speziellen OP und durch Unterstützung seines Physiotherapeuten an der SRH Stephen-Hawking-Schule kann er sich wieder besser bewegen.
„Da kommen die Muskeln nicht hinterher.“
Bereits zum dritten Mal in seinem Leben hat sich Sandro in diesem Frühjahr nach München aufgemacht, um eine sogenannte Myotomie in einer Spezialklinik durchführen zu lassen. Bei dem fünfzehnminütigen Eingriff wird die betroffene Muskulatur „eingeritzt“, um für weniger Spannung zu sorgen.
„Im Wachstum der Kinder und Jugendlichen verlängern sich die Knochen. Durch die ohnehin unelastische Muskulatur verstärken sich die Spannungssymptome, da kommen die Muskeln einfach nicht hinterher.“, erklärt Hubert Binder-Koch, Physiotherapeut an unserer Schule. Seit diesem Jahr besucht Alessandro das Vorqualifizierungsjahr Arbeit / Beruf. Die Physiotherapeuten der Schule können Aspekte der physiotherapeutischen Förderung in Unterrichtssituationen einfließen lassen.
Für Binder-Koch ist die Aktivierung der Muskeln in natürlichen Alltagssituationen der Schlüssel zum Erfolg. Alessandro und er üben beispielsweise das Treppensteigen. Diese einfache Übung hat Auswirkungen auf die gesamte Körperhaltung des Schülers, stärkt die Symmetrie des Körpers und fördert die Muskelstreckung.

Physiotherapie als Unterrichtsinhalt

Ein solch ganzheitliches Verständnis liegt allen therapeutischen Angeboten an unserer Schule zugrunde. Qualifizierte Therapie und Pflege sind ein wesentlicher Teil des Unterrichtskonzepts. „Wir verfolgen das Ziel, den Schülern größtmögliche Selbstständigkeit und die aktive Teilhabe an Unterricht und Alltagsleben zu ermöglichen.“, erläutert Binder-Koch.
Ganz in diesem Sinne werden die therapeutischen Angebote an der SRH Stephen-Hawking-Schule interdisziplinär abgestimmt und nach Möglichkeit direkt in den Schulunterricht integriert. In Einzel- und Gruppensituationen und durch aktive Unterstützung im Unterricht fördern therapeutische Fachkräfte wie Binder-Koch die Schüler. Die Befähigung zum eigenständigen Leben beinhaltet in der Physiotherapie konkrete Beispiele wie das Gehen kurzer Strecken, das Aufrichten des Körpers oder den Zugang zu sportlichen Aktivitäten.
Fußball, Feuerwehr und Physiotherapie
Auch Sandro schätzt dieses Angebot an seiner neuen Schule sehr: „An meiner alten Schule gab es einfach nicht so viele Möglichkeiten. Außerdem bleibt mir nach der Schule genug Zeit, um mit meinen Freunden Fußball oder Tischtennis zu spielen. Und wenn man dann noch einen Therapeuten wie Herrn Binder-Koch hat, macht es meistens richtig Spaß.“ Mit dem von der Schule organisierten Fahrservice fährt er täglich 20 Kilometer zum Unterricht und wieder nach Hause zurück. So bleibt ihm auch für das Engagement in der Jugendfeuerwehr seines Heimatortes Mühlhausen noch Zeit.
Im nächsten Jahr beendet Sandro seine Schullaufbahn und möchte eine Ausbildung zum Bürokaufmann beginnen. „Hoffentlich gibt es dort einen Fahrstuhl“, sagt er grinsend zu seinem Therapeuten Binder-Koch, „das ständige Treppensteigen ist schließlich ganz schön anstrengend.“